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Wiedervereinigung wirklich gewuenscht?
#1
Question 
Schoenen guten Morgen,

gestern habe ich mir im ital. Fernsehen einen Bericht angesehen uber den so 15 Minuten ueber Nordkorea gesprochen wurde.

Da meinte der Journalist zum Schluss (zitiere hier inhaltlich): "Es darf angezweifel werden, ob beide Seiten wirklich eine Wiedervereinigung wollen.Das Regime in Nordkorea wuerde eine Oeffnung des Landes, mit den dann einfliessenden Informationen ueber die Welt in Suedkorea und darueber hinaus kaum ueberleben. In einer Wahl wuerden sich vermutlich abgewaehlt werden, weil allein 42 Mio Sudekoreaner zu 22 Mio Nordkoreaner niemals ein poltisches System wie in Nordkorea haben wollten. Und ob viele Nordkoreaner bei einem umfassenden Wahlkampf wirklich noch Ihr altes Regime waehlen wuerden darf stark angezweifelt werden. Zudem fuer viele junge Nordkoreaner es einem Schock gleich kaeme zu erfahren, dass der so schmerzhafte Koreakrieg, eigentlich nicht allein Schuld der imperialistischen USA ist, sondern eine Folge des Angriffs des Nordens auf den Sueden war um eine gewaltsame Wiederveinigung zu erzwingen. Zudem wuerde dann auch die starke russische und chinesische Komponente im Koreakrieg eine zentralere Rolle spielen.

Aber auch der Sueden hat kein wirkliches Interesse an der Wiederveinigung, da diese den Sueden auf lange Zeit fiskalpolitisch runinieren wuerde. Experten schaetzen dass eine Wiedervereinigung den Sueden hochgerechnet auf die Einwohnerzahl und Flaeche wohl doppelt so viel kosten wuerde wie es damals Deutschland gekostet hat. Schaetzungen gehen von bis einer 600-700 Mrd US Doller fuer die ersten 10 Jahre aus.
Zudem ist eine Sache nicht zu unterschaetzen. Waehrend in der DDR noch ein gewisser Austausch zwischen Ost und West gab, ist dieses in Korea nicht gegeben. Beide Voelker haben sich deshalb sehr unterschiedlich entwickelt und es wuerde Jahrzehnte dauern, bis die Wiedervereinigung im Herzen sich vollzogen hat."

So meine Frage an Euch: Wie koennte eine Wiederveinigung aussehen? Wie sollte man dies vorbereiten. Wie soll man zwei so unterschiedliche System vereinigen. Sollen Wahlen statt finden? Soll es einen echten Wahlkampf geben?
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#2
Der Vorschlag Nordkoreas zur Wiedervereinigung beinhaltet im Kern, das beide Teilstaaten ihr politisches und wirtschaftliches System beinhalten, quasi "ein Staat, zwei Systeme", wie dies z.B. China und Hongkong realisieren.
Ich denke, nur in dieser Form ist eine Wiedervereinigung realistisch und wünschenswert. Eine unkrontrollierte Vereinigung wäre sicher ein Disaster für beide Teile.

Die grundlegenden Ideen für einen Zusammenschluß wurden schon 1972 von Kim Il Sung präsentiert, siehe
http://naenara.com.kp/de/one/nation.php?1+principles
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#3
Erstmal guten Tag an alle, ich bin der Neuling. Als "Leser" habe ich mich deshalb angemeldet, weil ich seit längerem von Zeit zu Zeit dieses Forum gelesen habe, sowohl aus Interesse am nordkoreanischen Staat als auch aus Faszination über die unterschiedlichen Weltanschauungen der Forumsmitglieder.

Das Thema Wiedervereinigung wurde hier im Forum bereits in vielen Threads diskutiert und ich war immer verwundert, wie selbstverständlich einigen der Wunsch nach Wiedervereinigung erschien. Tatsächlich wird die Vereinigung ja auch in den beiden Koreas in quasi sinuskurvenförmiger Vehemenz thematisiert, wirklich nähergekommen ist man diesem möglichen Ziel bisher jedoch kaum.

Ist die Wiedervereinigung also wirklich ein Ziel und, wenn ja, für wen?

Nordkorea und dessen Führungszirkel samt allen Mitläufern und Profiteuren kann dies nicht wünschen, da es dann mit der absoluten Herrschaft vorbei wäre- also geht eine Vereinigung nur unter dem Vorzeichen des Machterhaltes der kommunistischen Partei und des ganzen Systems. Ob die Nordkoreanre jetzt dieses System abwählen würden? Ich weiss es nicht, glaube es aber auch nicht, da alle Menschen derart im System sozialisiert und verwurzelt sind, daß sie psychologisch wohl überwiegend einem grundsätzlichen Systemerhalt (bei allerdings gewünschter wirtschaftlicher Verbesserung) zustimmen würden.

Südkorea kann es nicht wünschen, da derzeit die Kosten schlicht nicht zu bezahlen wären. Die DDR war schon zutiefst marode und ist bis heute trotz aller Transfers nur auf ca. 75% der Wirtschaftsleistung des Westgebietes gekommen, wird also nach 20 Jahren noch subventioniert. Zwischen den Koreas ist der Ausgangsunterschied noch viel dramatischer, wenn man die derzeitige Wirtschaftsleistung und Infrastruktur betrachtet. Die im Artikel des italienischen Journalisten angesprochene Notwendigkeit von ca. 900 Milliarden Transferleistung aus dem Süden scheint mir nach den Erfahrungen der deutschen Wiedervereinigung noch sehr niedrig bemessen. Ich glaube nicht, daß Südkorea dies stemmen kann und will, obwohl sie wirtschaftlich inzwischen glänzend dastehen. Und warum sollten sie durch einen Systemwechsel im Rahmen einer Wiedervereinigung hin zu einem, wenn auch gemässigteren planwirtschaftlichen Kommunismus, ihren Wohlstand dauerhaft aufgeben, damit die Nordkoreaner weniger arm sind? Eine solche Haltung wäre doch weltfremd.

Die USA und China als quasi "Schutzmächte" der Länder würden einer Wiedervereinigung nur zu ihnen genehmen Vorzeichen zustimmen. In Korea konzentriert sich die Macht widerstreitender Interessen der beiden global Player. Die jeweiligen Einflußsphären würden nicht einfach geräumt, ebenso wenig wie zu Zeiten des Koreakrieges. Schon deshalb wird es keine Wiedervereinigung geben, solange in China die kommunistische Partei das alleinige sagen hat und die USA sich weiter als weltpolitischer Hüter von Freiheit begreifen, also sich USA und China nicht weiter angenähert haben.

Insofern stimme ich den Kernaussagen im oben zitierten Artikel zu. Eine schnelle Wiedervereinigung ist nur unter vollkommen weltfremden Annahmen möglich. Wenn sich allerdings Nordkorea etwas öffnet bzw. stärker in marktwirtschaftliche Notwendigkeiten investiert (man muss dazu ja nicht das System komplett umkrempeln, siehe China), wird im Zeitverlauf eine Vereinigung realistischer. Dazu gehört auch, Säbelrasseln und martialische Sprüche zurückzufahren. Ein guter Anfang ist z.B. die Wiederaufnahme der Gespräche zum Atomprogramm.

Letztlich: denkt hier jemand, man könne eine Wiedervereinigung durchführen, ohne nicht irgendwann Wahlen abzuhalten? Diese müssten sauber demokratisch und somit unanfechtbar sein, denn sonst könnte wegen fehlender Legitimation durch das koreansiche Volk jeder den Regierungsanspruch der neuen Führung in Frage stellen. Neue Konflikte wären dann vorprogrammiert, spätestens wenn dem demokratischen Machtblock auf der Welt das Ergebnis nicht gefällt und die Chinesen dagegenhalten. Und damit wäre ganz Korea ein größerer Krisenherd als in den letzten 58 Jahren.

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#4
Ein Land zwei Systeme. Sehe ich ein wenig kristisch, weil China und Hongkong einfach zu handeln waren. Da Hongkong ein relativ kleines Gebiet war und dort die wirtschaftlichen Unterschiede zu Chinas Wirtschaftszentren nicht ganz so krass waren wie zwischen Nord- und Suedkorea.

Ich habe den Artikel von Kim Jong Sun gelesen, der thoretisch gut klingt, aber nicht oder nur sehr schwer umzusetzen ist. Das faengt schon damit an:
Wenn die Grenze frei waere, und dass sie muss in einem wiedervereinigten Korea, koennten alle Koreaner zumindest frei im Land reisen. Da ist die Gefahr, dass viele Nordkoreaner sofort richtig Sueden auswandern um dort zu arbeiten. Sind ja guenstige Arbeitskraefte. Die Folge koennte der DDR Effekt sein, Nordkorea blutet aus, weil die Leute fliehen. Und das war die Fuehrung in Nordkorea aus, dass die Menschen wenn die auf einmal die Fuelle an Informationen bekommen, und sich die Staedte im Sueden ansehen, kaum mehr zurueckwollen, zwecks der besseren wirtschaftlichen Situation.

Und das geht weiter wenn es um die Praesenz im Ausland geht. Sollen dann immer zwei Staatschefs reisen? Soll es in koreanischen Botschaft einen sued- und einen nordkoreanischen Teil geben?

Waren jetzt mal nur zwei Dinge...von fiskal- und wirtschaftlichen Regeln mal ganz abgesehen.

Ich denke, eine Oeffnung von Nordkorea wuerde da mehr bringen.

PS: Herzlich willkommen im Forum :-)
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#5
ich sehe auch schwarz für eine Wiedervereinigung nach dem Prinzip "ein Land - zwei Systeme". Wenn, dann wären die beiden Koreas nur formal ein Land - die hoch gesicherte Grenze zwischen beiden Seiten müsste aber bestehen bleiben. Sonst hätte Nordkorea innerhalb von 2 Monaten keine Einwohner mehr, und im Süden bräche alles zusammen. Desweiteren müsste der Norden weiterhin seine Bürger einsperren und China müsste alle aufgegriffenen Flüchtlinge nach Nordkorea abschieben, sonst säßen bald alle Nordkoreaner in China. So eine Situation wäre genau dasselbe wie jetzt, die "Wiedervereinigung" wäre nur formaler Natur.

Bei "ein Land - zwei Systeme" ist es auch so, dass ein System von beiden die Souveränität über das gesamte Land wahrnimmt. Und das will natürlich Kim. D.h., das nordkoreanische System müsste dann das "Leitsystem" (analog zur "Leitkultur") sein. Und dass viele Südkoreaner so etwas nicht akzeptieren würden, ist auch klar.
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#6
Hallo Schwabe, sehr schön auf den Punkt gebracht.
Noch einfacher ausgedrückt: seht die Wiedervereinigung in Deutschland 1990 an- so ähnlich würde es auch in Korea laufen, weil es im wesentlichen gar nicht anders funktionieren kann.
In Korea wäre es nur noch schwieriger und ganz unmöglich, wenn in Nordkorea nicht schon vorher große Umwälzungen im System beginnen würden.
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#7
Eine Wiedervereinigung nach deutschem Maßstab würde ich eher als schlechtes Beispiel nehmen, weil wirklich alles schief gelaufen ist, was schief laufen kann.
Außerdem wollen ja nicht mal die Menschen in der DVRK, dass sich was ändert, was auch gut so ist.
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#8
Die Menschen in Nordkorea wollen wie alle Menschen letztlich genau das, was ihnen Wohlstand und genug zu Essen bringt, ausserdem eine realistische Perspektive. All das bekommen sie in Nordkorea unzureichend .Deswegen ist ja die Führung Nordkoreas so darauf bedacht, das eigene Volk möglichst wenig über die Verhältnisse ausserhalb des Landes aufzuklären und dafür umso mehr Feindbilder aufzubauen.

Schon wieder ähnlich wie DDR 1989, nur krasser.

Im übrigen finde ich die deutsche Wiedervereinigung anhand der Umstände ziemlich gut gelungen, vor allem für den Osten. Ich lebe in Sachsen, ich kann es beurteilen. Da ist sehr viel nicht schiefgelaufen sondern eine erstaunlich große Leistung.
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#9
So, findest du? Über 15 von 20 "Ostlern" mit denen ich geredet habe, sehen es nicht so. Und Kohl hat da auch nicht gerade den besten Ruf, für viele Ex-DDR war er ein reiner Machtmensch, der nur seine Interessen vertreten hat, und die DDR ausbluten ließ.
Viele sehnen sich heute an die frühere Zeit zurück, und dass ist auch gut so.
Ich halte eine sozialistische Demokratie für weitaus besser und sinnvoller, als eine paramentarische, aber die Gründe hierfür wären wohl wirklich OT.
Schonmal ans "Zusammenwachsen" gedacht? Also über einen sehr langen Zeitraum den Kontakt untereinander stetig verbessern (was Lee Mynung Bak ja leider verhindern will) und dann über eine Wiedervereinigung sprechen, ohne die Souveränität in Frage zu stellen?
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#10
also dass 15 von 20 Ostdeutschen die DDR wieder wollen, halte ich für ein Gerücht. Ich habe von niemandem gehört, der sie wieder will (ok, Margot Honecker und Konsorten wollen sie natürlich; aber die zähle ich mal nicht mit).

Und "dann über eine Wiedervereinigung sprechen, ohne die Souveränität in Frage zu stellen"... daran glaube ich nicht.
Nordkorea erkennt die Regierung Südkoreas ja aus Prinzip nicht an.
Und ehrlich gesagt, glaube ich stalinistischen Regierungen nicht. Die Sowjetunion machte auch immer so "tolle" Vorschläge von wegen deutscher Wiedervereinigung oder Gesamt-Berlin als drittem deutschen Staat. Tatsächlich wollte sie sich nur ganz Deutschland oder zumindest ganz Berlin einverleiben.

OK, Nordkorea ist nicht die Sowjetunion und Korea ist nicht Deutschland. Aber die Kim-Dynastie sieht in der südkoreanischen Regierung nur eine von den USA gesteuerte mafiöse Struktur, deswegen zweifle ich an ihrer Aufrichtigkeit und ihrer Bereitschaft, mit dem südlichen Staat auf Augenhöhe und friedlich zu koexistieren.
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