30.11.2010, 11:20
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.11.2010, 12:48 von Balkonskij.)
Jetzt wo die Dokumente mehr und mehr online kommen, erfährt man natürlich auch mehr und mehr über den US-Informationsfluss zu Nordkorea. Ich dachte mir, wir nutzen diesen Thread, um immer wieder mal einige Depeschen einzustellen, so dass wir im Anschluss darüber diskutieren können. Sind doch einige interessante Beobachtungen dabei, die gerade so interessant sind, weil sie auch mögliches US-Verhalten erklären. Sollte dies von Admin-Seite nicht gewünscht sein, bitte ich um kurze Benachrichtigung und ich lasse es bleiben. Nur bitte nicht einfach alles löschen, dass ist teils stundenlange Arbeit...
Hier nun die erste Depesche, aus der Moskauer US-Botschaft vom 29. April 2009. (Anm. der echte Name von "XXXXXXXXXXXX" wurde von Wikileaks geschwärzt, um die Person zu schützen)
Wer des Englischen mächtig ist, findet hier das Original: http://cablegate.wikileaks.org/cable/200...W1108.html
Bei wem es mit dem Englisch schon etwas länger her ist oder lieber Deutsch liest, für den meine bescheidene Übersetzung:
Hier nun die erste Depesche, aus der Moskauer US-Botschaft vom 29. April 2009. (Anm. der echte Name von "XXXXXXXXXXXX" wurde von Wikileaks geschwärzt, um die Person zu schützen)
Wer des Englischen mächtig ist, findet hier das Original: http://cablegate.wikileaks.org/cable/200...W1108.html
Bei wem es mit dem Englisch schon etwas länger her ist oder lieber Deutsch liest, für den meine bescheidene Übersetzung:
Zitat:(S/NF) Zusammenfassung: Am 15. Dezember trafen sich EAP DAS David Shear und ConGen mit XXXXXXXXXXXX, einem bedeutenden Akteur in den chinesisch-nordkoreanischen Wirtschaftsbeziehungen. XXXXXXXXXXXX führt die kürzlich erfolgte Währungsreform der DPRK auf mehrere Faktoren zurück: Kontrolle über die ungezügelte Inflation erlangen, Kapitalflucht verhindern, die Wohlstandskluft zwischen Arbeitern und Händlern verkleinern, die inländische Währung kontrollieren und - am wichtigsten - potenzielle politische Opposition aufzudecken. Als Resultat der Reform ist der Handel zum Erliegen gekommen. Die Führung hofft, als Teil einer ambitionierten Entwicklungsstrategie bis zum Jahr 2012, auf die Wiederherstellung der Beziehungen mit den Vereinigten Staaten. XXXXXXXXXXXX glaubt auch, dass die Planungen voraussetzen, dass Kim Jong-Il noch einige Zeit weiter regieren und Kim Jong-Un sein Nachfolger wird. Der vor kurzem erfolgte Rückruf von DPRK Studenten und Wissenschaftlern aus China nach der Flucht eines nordkoreanischen Austauschstudenten ist ein Anzeichen für steigende Paranoia.
Ende der Zusammenfassung.
2. (S/NF) Am 15. Dezember trafen sich EAP DAS David Shear und das Konsulat Shenyang mit XXXXXXXXXXXX. Er besucht
Pyongyang häufig. Er gibt zu, die exakte Höhe der chinesischen Investitionen in Nordkorea nicht zu kennen, schätzt sie aber auf mehrere Milliarden Renminbi. Chinesische Firmen, wie ihre südkoreanischen Gegenparts, investieren in Nordkorea insbesondere in den Bergbau und die Fischindustrie.
3. (S/NF) Der wichtige Grund für die kürzlich erfolgte Währungsreform in der DPRK ist laut XXXXXXXXXXXX die Aufdeckung politischer Opposition. Speziell gegen Kim Jong Il's jüngeren Sohn. Inflationskontrolle, die Verkleinerung der Wohlstandsschere, Kontrolle über die inländische Währung und des Zugangs zu Devisen sind alle Teil dieser Strategie. XXXXXXXXXXXX glaubt, dass der dritte Sohn, Kim Jong-un, die Währungsreform befürwortet und das Kim Jong-un einen starken Hang zu ökonomischen Reformen nach vietnamesischen Vorbild hat. Opposition gegenüber dem Währungsumtausch aufzudecken, könnte Opposition gegen den Aufstieg von Kim Jong-un als Führer aufdecken. Laut XXXXXXXXXX zeigt Kim Jong-Ils Unterstützung der Währungsreform seine Favorisierung des dritten Sohns. XXXXXXXXX zog Parallelen zu den Nukleartests im Jahr 2009 welche laut ihm auch durch Pläne zur Erbfolge beeinflusst wurden. XXXXXXXXXXXX sagt, dass der erstgeborene Sohn, Kim Jong-nam die Reformpläne seines jüngeren Bruders ablehnt und eine ökonomische Öffnung nach chinesischer Art favorisiert.
4. (S/NF) XXXXXXXXXXXX berichtet, dass die Vielzahl der Fraktionen, die um Kim Jong-Ils Zuwendung wetteifern, es für Kim Jong-il zunehmend schwerer machen auf irgendjemanden zu hören. Als Zeichen von Kim Jong-Ils Paranoia rief er kürzlich alle Studenten, Gelehrte und Wissenschaftler aus China zurück, nachdem ein Austauschstudent in Nordost-China geflohen war. Kim Jong-Il tat dies trotz des Bedarfs an chinesischem Wissen, Fertigungskenntnissen und Technologie um die Ziele des Landes für 2012 zu erreichen. XXXXXXXXXXXX glaubt, dass die gegenwärtige Instabilität sich legen wird und die Regierung mit ihren Reformen voranschreiten wird, mit Kim Jong-Il für weitere Zeit an der Spitze. Die Reform werde sich nicht in Richtung einer offenen Wirtschaft auswirken. Stattdessen, eingedenk der durch die Währungsreform erlangten Kontrolle über die inländische Währung, werden die Reformen zu einer strikteren Kontrolle über die Wirtschaft führen.
5. (S) Vor der Neubewertung entsprach ein Dollar ungefähr 3500 Won. Um die Situation richtig einordnen zu können - der durchschnittliche Arbeiter in Pyongyang verdient ca. 3000-4000 Won pro Monat. XXXXXXXXXXXX berichtet, dass laut der DPRK Botschaft der offizielle Wechselkurs nun 1 Dollar für 129 Won beträgt. Für den gewöhnlichen Bürger bedeutete die Neubewertung einen beträchtlichen Wertverlust von Sparvermögen in Won. Supermärkte und Kaufhäuser, die in Won handeln, haben ihre Aktivitäten eingestellt um abzuwarten, welche Auswirkung die Währungsreform auf die Warenpreise haben wird. Dadurch ist es schwer geworden, Waren des täglichen Bedarfs zu erwerben. XXXXXXXXXXXX weist darauf hin, dass sollten die Preise für Verbrauchsgüter steigen, werde dies die Wirtschaft ruinieren. Sollten sich die Preise als Resultat der Reform einpendeln und die Gehälter konstant bleiben, wird die Wirtschaft funktionsfähig bleiben, da Arbeiter mit einem früheren Gehalt von einem Dollar / Monat nun fast 20 Dollar / Monat verdienen werden.
6. (S) Händler, die das mehrfache des durchschnittlichen nordkoreanischen Gehalts verdienen, sind von den monetären Reformen nicht betroffen, da Sparvermögen zumeist in Euro und Dollar gehalten wird. Seit der Neubewertung sind lediglich Geschäfte für ausländische Währung geöffnet und die Preise in diesen Geschäften sind um 400-500 Prozent gestiegen. Beispiel: Ein Fernseher der 4000 RMB (renminbi) kostete, kostet nun 20.000 RMB. Viele dieser Geschäfte erhöhten die Preise bereits in Erwartung der Reform, mit der Einschätzung, dass die Preise danach sinken würden. Die Preise sind jedoch nicht gesunken. Viele Geschäfte, die ihre Preise vor der Reform erhöhten, wurden seitdem von der Regierung geschlossen, ihre Waren beschlagnahmt. Dadurch haben selbst Händler, die kein Geld durch die Neubewertung des Won verloren haben, nichts zu kaufen. Chinesische Händler entlang der nordkoreanischen Grenze sind ebenfalls durch die Währungsreform betroffen, obwohl der meiste Handel in Euro und Dollar abgewickelt wird. In Nordkorea selbst warten die Leute ab, wie sich die Preise entwickeln. Zwischenzeitlich will niemand irgendetwas verkaufen.
Keine Krise aber sehr nah dran
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7. (S/NF) XXXXXXXXXXXX glaubt nicht, dass sich die DPRK gegenwärtig in einer Krise befinde. Laut ihm sind die Leute an eine derartige Lage gewöhnt. Er sieht die Währungsreform als Teil des größeren Konflikts innerhalb der Regierung über die Richtung der nächsten Jahre. Seit 2002 erlaubte die DPRK begrenzte ökonomische Reformen, ohne diese stark zu unterstützen oder abzulehnen. Gemäß XXXXXXXXXXXX wartet die Regierung ab, um zu sehen, was als nächstes geschieht.
CHINA, die USA und alles Weitere
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8. (S/NF) XXXXXXXXXXXX sagte, dass viele in der DPRK glauben, dass die Chinesen ihr Land nicht verstehen. Während es unwahrscheinlich ist, dass sich China oder die DPRK öffentlich gegenseitig kritisieren würden, hat sich die DRPK laut XXXXXXXXXXXX verärgert darüber geäußert, dass die Chinesen Nordkorea nicht auf ihre Liste der 147 Touristenziele oder 137 Investmentziele aufgeführt haben. Diese Auslassung (der DPRK) und die ungleichen chinesischen regionalen Entwicklungsprogramme deuten klar darauf hin, dass Nordkorea keine Priorität für China besitzt. Beispiel: China erhob den strittigen Changchun-Jilin-Tumen Fluss Entwicklungsplan zu einem nationalen Projekt, während die DPRK den Tumen Fluss Entwicklungsplan verließ, da man keinen Nutzen erkennt (REFTEL). Die Beziehungen zwischen beiden Ländern verschlechterten sich so stark, dass Premier Wen Jiabao sogar zwei Monate vor dem ursprünglich geplanten Termin nach Pyongyang reiste.
9. (S/NF) Laut XXXXXXXXXXXX hat sich Nordkorea einen ambitionierten Entwicklungsplan bis 2012 gesetzt. Als Teil dieses Projekts plant man bis 2012 den Bau von 100.000 neuen Wohnungen in Pyongyang. Um chinesische Investitionen anzulocken, bietet die DRPK chinesischen Investoren Minen- und Fischereirechte als Gegenzug für die Einbringung von Kapitel in das Projekt an. Ein ehemaliger Generalkonsul des nordkoreanischen Konsulats in Shenyang verbrachte kürzlich zwei Wochen in Beijing und lockte ca. 12 Milliarden RMB für dieses Projekt an. Er plante nach seinem Aufenthalt in Beijing nach Shenyang zu reisen.
10. (S) Die Wiederherstellung der Beziehungen mit den Vereinigten Staaten ist ein anderer wichtiger Teil der Reformpläne der DPRK. XXXXXXXXXXXX sagt, Nordkorea bereite sich auf ein fortwährendes Auf und Ab in den Verhandlungen vor und verlässt sich auf die langsame Durchsetzung der Sanktionen seitens der UN. As he said, he believes that once things settle down, North Korea will show China and the U.S. "its bottom card."