(26.05.2009, 20:43)egkr1 schrieb: Viel schlimmer ist, wenn einem der Feind abhanden kommt.
Stell Dir mal vor, Obama bietet einen Friedensvertrag an.
Natürlich nur mal so als Gedankenspiel.
Wenn Obama einen Friendensvertrag anbieten wuerde, und Nordkorea diesen annehmen wuerde, wuerde dies eine sukzessive Oeffnung des Landes nach sich ziehen. Denn es gibt ja keinen Feind mehr, vor welchem man sich verschliessen muss! Eine sukzessive Oeffnung des Landes wuerde jedoch einen Niedergang der Fuehrungselite bedeuten. Ich kann verstehen, dass die Fuehrungselite ihr jetziges Leben nicht aufgeben moechte. An dem Feindbild muss also festgehalten werden, zur Not auch indem man den Feind, der zum Freund werden koennte, provoziert, damit er weiterhin Feind bleibt.
Desweiteren habe ich gelesen (erinnere mich nicht mehr, wo), dass Juche ohne Feindbild nicht existieren kann. Die Autarkie und Isolation des Landes sowie das "Zusammengeschweisst-Sein" der Bevoelkerung, alles wird im Kollektiv gemacht, der Einzelne zaehlt nicht, nur die Masse zaehlt - alles dieses kann doch nur funktionieren, wenn es draussen einen Feind gibt, der wiederum die Isolation rechtfertigt und gegen den man "zusammen stark sein muss".
Nur mal ein frei erfundenes Gedankenspiel, welches mit Sicherheit keinen Bezug zur Realitaet hat:
Auch die Produktivitaet des Landes im jetzigen System wuerde durch eine Oeffnung ins Stocken geraten. Angenommen, ein Grossteil der Gueter und Waren des Landes wuerden an Orten hergestellt, in welchen - sagen wir mal - 10% der Bevoelkerung interniert sind (2 Millionen der 22 Millionen Einwohner) und diese Zahl immer konstant gehalten werden muss, da viele Todesfaelle, immer fuer "Nachschub" gesorgt werden muss. Im Falle einer Oeffnung des Landes nach aussen, wuerde man sich gezwungen sehen, diese "Produktionsstaetten" zu schliessen, da sie vor der nun zusehenden Weltoeffentlichkeit aus humanitaeren Gruenden nicht mehr haltbar sind.
Und was bedeutet eigentlich Feind? Aus nordkoreanischer Sicht sind vermutlich alle diejenigen Feinde, welche von aussen versuchen, am existierenden System zu ruetteln oder es schlechtreden (was die USA, am anderen politischen Ende angesiedelt, im Grunde genommen tun). Deshalb wuerden die USA immer Feind bleiben, auch wenn Obama einen Friedensvertrag anbietet. Es sei denn, im Friedensvertrag ist geregelt, dass Nordkorea das jetzt existierenden System (Juche) beibehalten darf. Dieses setzt aber eine Isolation voraus. Im Grunde genommen ein Teufelskreis. Denn ein Friendsvertrag braechte zwangsweise eine schrittweise Oeffnung mit sich. Deshalb muss am Feindbild festgehalten werden. Und deshalb, meiner Meinung nach, die Atomversuche, die, so wie es KCNA beschreibt, zum eigenen Schutz dienen. Schutz im Sinne von "Erhalten des Systems".
Gruss,
Klaus