08.02.2012, 21:31
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.02.2012, 21:44 von Balkonskij.)
(03.02.2012, 14:43)Martin schrieb: [Ich glaube, dass die Russen überall - selbst auch in den Sowjetrepubliken anderer Völker - nicht sehr beliebt waren. Hört man Urlauberberichte aus solchen Ländern wie der Türkei, scheint das heute noch zu sein. Ich selbst habe dort aber auch andere Erfahrungen gemacht. Auf Cuba hatten wir eine dort lebende Weißrussin (keine Russin !! ) als Reiseleiterin. Auf meine Bemerkung hin, dass sie auf Grund ihrer Muttersprache auch Reiseleiterin für russische Reisegruppen sein könne, schlug sie die Hände über den Kopf zusammen, rief: "Niemals !" und erzählte uns Horrorstorys von russischen Cuba-Urlaubern.
Da ist etwas Wahres dran. Auf Russisch gibt es sogar eine süffisante Redewendung zum Thema: "Там хорошо, где нас нет". (in etwa: "Es ist dort schön, wo es uns nicht gibt"). Lässt sich schwer übersetzen. Dieser spottende Unterton über sich selbst ist vielleicht etwas, dass aus der Sowjetunion erhalten blieb. Als wir in Deutschland ankamen, wirkten viele Menschen auf mich viel zu Ernst. Beziehungsweise sie nahmen sich selbst zu Ernst in unseren Augen.
(04.02.2012, 11:08)teardown schrieb: So nun ich.
-Solidarität untereinander war vorhanden sowie Solidarität mit anderen Ländern z.B. Nicaragua.
Das lag nicht, wie in den Medien behauptet daran, dass es nicht viel zu kaufen gab usw. sondern daran, dass man schon in der Schule zur Solidarität erzogen wurde.
-Auswüchse des Kapitalismus, z.B. Waren-und Markenfetisch gab es nicht. Bei meiner Tochter in der Schule ist das echt schlimm.
-Materielle Dinge spielten nicht so eine große Rolle wie heute. Und ja, es ging auch ohne Telefon, genauso wie es in der DVRK bei vielen Menschen auch ohne Telefon gehen wird.
-Der Sozialismus ist eine Gesellschaftsordnung in der Neid und Mobbing weitestgehend verbannt wird.
-Zukunftsängste brauchte in der DDR niemand zu haben.
Ich lebte nicht in der DDR, sondern in der Sowjetunion, aber unsere sozialistischen Praxiserfahrungen scheinen sehr weit auseinander zu gehen. Ich kann zig Fälle von Neid und Missgunst aufzählen, mitunter führten sie zu schweren Konsequenzen für das Opfer. All das "Gelaber" von Freundschaft und Solidarität war genau das für mich - alles nur eine Fassade, ein Schauspiel, bei dem man automatisch mitspielte, weil man von kleinauf drauf gedrillt war. Aber wahre Solidarität war da nicht. Wenn man konnte, versuchte man heimlich Vorteile rauszuschlagen, wo es nur ging. Im Geheimen natürlich. Öffentlich war man immer der brave Genosse / гражданин. Allein wenn ich immer an die erniedrigenden Rituale denke, wenn man von irgendjemandem etwas wollte (Verkäufer, Beamte, ... ) und die einen dann so richtig spüren ließen, dass sie die "Macht" haben.
Oh oh oh...da fällt mir gerade wieder die Geschichte ein, als Vater (RIP) versuchte eine Wohnung für uns zugeteilt zu bekommen. Ich bewundere ihn noch heute dafür. So viel schmieren und schleimen. Vor allem eine Drei Zimmer Wohnung zu bekommen war reiner Glücksfall. Viele Geschenke und am Ende wollte es der Zufall, dass meine Mutter meine Schwester gebar und keinen Bruder (zwei Jungs = Zwei Zimmer Wohnung). War das in der DDR auch so?
Achja und ich weiß noch der Tag, wo wir einzogen. Der Fußboden..alles war noch mehr Rohbau und schief und krumm. Wir haben es uns trotzdem wohnlich eingerichtet, aber wieviel Aufwand für wenig betrieben werden musste..... ich schätze die Erfahrung insofern, als dass ich weiß, was ich heute habe!