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Koreanisch und andere Sprachen
#21
(30.11.2012, 19:37)Schwabe schrieb: ...
Man könnte chinesische Zeichen nehmen, um den Inhalt zu transportieren, losgelöst von der Aussprache. Das ist in etwa das, was im Japanischen gemacht wird und im Koreanischen z.T. gemacht wurde (ok, bei den Lehnwörtern aus dem Chinesischen ist dann auch die Aussprache entfernt ähnlich).
Aber dafür müsste jedem Wort der Sprache (z.B. des Deutschen) ein chinesisches Zeichen zugewiesen werden. Aber das ist schwierig, weil die Sprachen primär nichts miteinander zu tun haben und sich die Bedeutungsinhalte einzelner Wörter auch nicht notwendigerweise decken.
...

So hat es - denke ich - Blauer Apfel gemeint.
Die chinesische Schrift, als Sinnschrift, wird - nach dem notwendigen Auswendiglernen - von allen Menschen erkennt und verstanden, nur halt verschieden ausgeprochen.
Die Unterhaltung würde dann über die Schrift erfolgen, weil eben von allen verstanden:

Als Beispiel:
diese Zeichen > 香港 würde von jedermann sinngemäß verstanden, nur der Koreaner würde sie "Sang-Gang" aussprechen, der Chinese "Xiang-Gang", der Deutsche "Duftender Hafen", ein Hakka "Hong-kong", usw. ...

Die Völker könnten sich dann nicht sprechend, aber schreibend unterhalten ...
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#22
(30.11.2012, 20:01)Kuwolsan schrieb: Die Völker könnten sich dann nicht sprechend, aber schreibend unterhalten ...

aber auch nicht komplett. Meines Wissens kann ein Chinese nicht jeden japanischen Text problemlos verstehen, und umgekehrt. Die Wörter für ein und dieselbe Sache sind trotzdem nicht gleich. Vor allem, wenn ein Wort aus mehreren Zeichen besteht.
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#23
(30.11.2012, 21:50)Schwabe schrieb:
(30.11.2012, 20:01)Kuwolsan schrieb: Die Völker könnten sich dann nicht sprechend, aber schreibend unterhalten ...

aber auch nicht komplett. Meines Wissens kann ein Chinese nicht jeden japanischen Text problemlos verstehen, und umgekehrt. Die Wörter für ein und dieselbe Sache sind trotzdem nicht gleich. Vor allem, wenn ein Wort aus mehreren Zeichen besteht.
Das war ja schon früher als das chinesische Kaiserreich schon/noch existierte das Problem. Überall gab's ein anderes chinesisch, aber durch die Schrift konnte sich trotzdem jeder verständigen. Abgesehen von den Unmengen an Schriftzeichen ist das halt eigentlich eine großartige Idee gewesen. Wink
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#24
Zwei Fragen sind mir spontan eingefallen:

Ich erinnere mich (2000 war ich dort), in der U-Bahn in Seoul sind die Namen der Station auch in chinesischen Zeichen geschrieben.
Ist das für Koreaner eine Fremdsprache, d.h. die chinesischen Zeichen sind für die häufigen chinesischen Besucher da? Oder sehen die Koreaner diese chinesischen Stationsnahmen als Teil ihrer eigenen Sprache, lesen sie quasi gleichberechtigt mit koreanischen Schriftzeichen?

Für das Land "Korea" haben der Norden und der Süden unterschiedliche Begriffe. Gibt es sonst für Städte-, Straßen und geographische die gleichen Bezeichnungen, oder haben sich die auch auseinanderentwickelt.
Z.B., wenn es im Süden einen Stadtplan von Pyongyang gibt, heißt der Kim Il-Sung - Platz dort auch Kim Il-Sung - Platz, oder wird evt. noch eine Bezeichung aus der Zeit vor der DVRK verwendet?
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#25
Südkoreaner lernen in der Schule etwa 600-800 Handsha, also chinesische Zeichen im Koreanischen. Höhere Bildung umfasst bis zu etwa 2000.
Die gibts nur im Süden, die Sprachreform des Nordens von 1948 wurde dort ja nicht umgesetzt. Diese Zeichen basieren auf alten chinesischen Zeichen, man findet sie auch in Zeitungen, Zeitschriften. China selbst hat ja - wenn ich mich richtig erinnere - in mehreren Sprachreformen sein Schriftbild stark vereinfacht.
Stadtpläne von Phjongjang habe ich in Seoul nie gesehen, kommt ja auch keiner hin Wink Stadtnamen, geographische Namen sind gleich, werden aber im Süden eben auch in Hanmun geschrieben.
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#26
Bei dieser "Sprachreform" möchte ich noch einmal einhaken.

Jemand hier im Forum erwähnte einmal, ca. 70% der Wörter des gegenwärtigen Koreanisch seien chinesischen Ursprungs. Diese Wörter kann man dann natürlich auch alle mit einem chinesischen Zeichen schreiben.

Südkoreaner berichteten mir, dass die Hangul-Zeichen nur die Phonetik abbildeten und die Bedeutung deshalb manchmal nicht eindeutig sei. In diesem Fall, werde zur Verdeutlichung das chinesische Zeichen in Klammer dahinter geschrieben (oder, neuerdings, auch das englische Wort!).

Nun hat Nordkorea aber die Hanja komplett abgeschafft. Gibt es dann nicht Probleme mit der Eindeutigkeit mancher geschriebener Wörter bzw. Sätze?

Und, mehr eine politische Frage: Empfindet China es nicht als Affront, wenn Nordkorea die seit Jahrhunderten verwendeten chinesischen Zeichen kategorisch ablehnt?
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#27
@Schwabe
Interessante Frage, hat das Koreanische auch so eine "Lautarmut" wie das Chinesische?
Wenn ja, kann das leicht zu Mißverständnissen führen.
Im chinesischen gibt es gleich ausgesprochene Silben, für die es mehrere 10, wenn man das klassische Chinesisch dazunimmt, mehr als hundert verschiedene Schriftzeichen gibt.
Wenn man nur die Aussprache kennt, gibt es leicht Doppeldeutigkeiten, z.B. gibt es in China eine Stadt 苏州 und eine Stadt 宿州, beide werden Suzhou ausgesprochen.
Das ist auch der Grund dafür, das sich die lateinische Umschrift (Pinyin) der chinesischen Zeichen nicht durchgesetzt hat (in den 50ern gab es ernsthafte Überlegungen, ganz auf lateinische Zeichen umzusteigen, um die Alphabetisierung des Landes zu beschleunigen).

China hat grundsätzlich die Politik, sich nicht in Angelegenheiten anderer Länder einzumischen, von daher habe ich nie einen Kommentar gesehen, daß China verstimmt ist, daß Nachbarländer die chinesischen Zeichen abgelegt haben, zumal dies ja auch in China selbst diskutiert wurde.

Vor ca. 100 Jahren war Vietnam das erste Land, das chinesische Zeichen durch lateinische ersetzt hat, vor allem auch unter dem Druck der damaligen Kolonialherrscher.
Ob dies wirklich eine glückliche Entscheidung war, bezweifle ich.
Vietnamesisch hat das Problem der "Lautarmut" wie das Chinesische, ebenso wie Chinesisch hat die gesprochene Sprache verschiedene Tonhöhen, mehr sogar als das Chinesische.
Um dies in der Schriftsprache darzustellen, werden im Vietnamesischen über und unter die lateinischen Zeichen Apostrophe gesetzt, ähnlich wie im Französischen, aber viel extremer. Zumindest wenn man das erste Mal vietnamesisch sieht, wirkt das sehr verwirrend.
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#28
(06.12.2012, 19:33)Schwabe schrieb: Nun hat Nordkorea aber die Hanja komplett abgeschafft. Gibt es dann nicht Probleme mit der Eindeutigkeit mancher geschriebener Wörter bzw. Sätze?

Sind nur in der Schriftsprache abgeschafft, in der Umgangssprache mehr als vorhanden. Big Grin
Und in der Schrift sind die Wörter ja nicht abgeschafft worden, sie werden nur mit koreanischen Buchstaben geschrieben. Dann allerdings gibt es viele gleiche Wörter, und da es im Koreanischen keine Tonhöhen gibt erschliesst sich der Sinn nur aus dem Kontext.
Habe auch lange gebraucht um zu begreifen warum das Auswendiglernen gerade im Koreanischen so wichtig ist. Wir haben ganze Drehbücher auswendig gelernt, 5 Seiten von Tag zu Tag, aber man schafft es und es hat seinen Sinn.
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#29
@Rolle

Auswendiglernen ist in ganz Ostasien sehr verbreitet. Allerdings: als ich in Deutschland Englisch gepaukt habe, wurden auch noch ellenlange Texte auswendig gelernt, heute ist das wohl etwas aus der Mode gekommen.

Den Zusammenhang zwischen der Lautarmut im Koreanischen (und anderen asiatischen Sprachen) und dem Vorteil des Auswendiglernens verstehe ich allerdings noch nicht.
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#30
(07.12.2012, 10:14)Rolle schrieb:
(06.12.2012, 19:33)Schwabe schrieb: Nun hat Nordkorea aber die Hanja komplett abgeschafft. Gibt es dann nicht Probleme mit der Eindeutigkeit mancher geschriebener Wörter bzw. Sätze?

Sind nur in der Schriftsprache abgeschafft, in der Umgangssprache mehr als vorhanden. Big Grin
Und in der Schrift sind die Wörter ja nicht abgeschafft worden, sie werden nur mit koreanischen Buchstaben geschrieben. ...

Mit dem "Grinsen"-Smiley willst du wohl andeuten, dass es genau umgekehrt ist ?

Nehmen wir als Beispiel die Schlagzeile der heutigen Ausgabe der Arbeits-Zeitung:

백두산대국의 위대한 영상이신 김정일대원수님은 태양으로 영생하신다
(von: http://www.rodong.rep.kp/InterKo/ )

Der Satz besteht hauptsächlich aus Wörtern chinesischen Ursprungs, man könnte die Schlagzeile auch so schreiben:

白頭山大國의 偉大한 映像이신 金正日大圓手님은 太陽으로 永生하신다.

(Auf deutsch in etwa: der Großmarschall Kim Jong Il, ein großartiges Abbild des starken Landes vom Paektu-Berg, möge ein ewiges Leben als große Sonne führen)

Wie man sieht, sind alle im Satz sinngebenden Wörter chinesischen Ursprungs, nur die Anhängels zur grammatikalischen Einordnung sind rein koreanische Wörter.

Ganz anders in der Umgangssprache: die Frage des älteren zum jüngeren Freund:
"wo warst du gestern?" sagt man auf koreanisch: "어제 어디 갔었니?"

keines dieser Wörter der Umgangssprache ist chinesischen Ursprungs und sie können daher auch nicht mit chin. Zeichen (=Hanja) geschrieben werden.

Übrigens, Rolle, ist dir früher der Ausdruck "백두산대국" schon untergekommen? Anscheinend wird dieser Ausdruck neuerdings von der Propagandisten anstelle des "강성대국" (des großen und mächtigen Landes) verwendet?!
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