Wann fährt Kim Jong Un nach Peking?
Wladimir Fedorow
In China wolle man Kim Jong Un bis zum 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas nicht sehen, teilten westliche Massenmedien mit. Peking habe angeblich die Bitte Nordkoreas abgelehnt, dass ihm ihr Staatschef einen Besuch abstattet, da man mit der Vorbereitung auf den Parteitag beschäftigt sei. Er soll am 8. November beginnen.
Wie der Meldung zu entnehmen ist, hätten anonyme Quellen im chinesischen Außenministerium zu verstehen gegeben, dass Kim Jong Un vorerst nichts habe, womit er nach Peking fahren könne. Die Glaubwürdigkeit dieser Meldung weckt große Zweifel. Wohl eher handelt es sich um einen gut inszenierten Skandal, um einen Versuch, Peking und Pjöngjang zu entzweien. Ein solcher Versuch wird nicht zum ersten Mal unternommen. Insbesondere war gleich nach dem Machtantritt von Kim Jong Un im Informationsfeld ein angebliches „politisches Vermächtnis“ seines Vaters Kim Jong Il aufgetaucht. Darin soll er angeblich seinem Sohn empfohlen haben, im Interesse der Festigung seines Images und der Autorität Nordkoreas von den früheren engen Beziehungen zu China Abstand zu nehmen. Nun scheint, nach allem zu urteilen, ein neuer Versuch im Gange zu sein, die politischen Beziehungen zwischen Peking und Pjöngjang auf ihre Festigkeit zu prüfen, meint der Experte Jakow Berger aus dem Institut des Fernen Ostens der Russischen Akademie der Wissenschaften:
„Die Versuche, diese beiden Staaten zu entzweien, haben kaum eine Perspektive. China und auch Nordkorea werden Wege zu gegenseitigen Vereinbarungen, zu gegenseitigem Einvernehmen suchen.“
Die ersten Gerüchte von einem ersten China-Besuch des Kim Jong Un tauchten bereits im August auf. Den Anlass hierzu gab das Eintreffen des Chefs der internationalen Abteilung beim ZK der Kommunistischen Partei Chinas, Wang Jiarui. Es ist bekannt, dass gerade er alle China-Besuche von Kim Jong Il, dem Vater des heutigen Staatschefs der KVDR, vorbereitet hatte. Die Gerüchte verstärkten sich, nachdem Ende August der Onkel und Lehrer von Kim Jong Un, Jang Song Thaek, mit dem Vorsitzenden der Volksrepublik China Ju Jintao zusammengetroffen war. Er soll angeblich den Wunsch seines Neffen übermittelt haben, im September China zu besuchen.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein China-Besuch von Kim Jong Un vorbereitet wird. China steht jetzt jedoch an der Schwelle zu einem Machtwechsel, und das bringt Korrekturen ein. Der Experte Alexander Larin aus dem Institut des Fernen Ostens meint Folgendes:
„Für China ist es wichtig, mit festen außenpolitischen Positionen zum Parteitag zu kommen. Und sollte es hier irgendwelche Veränderungen geben, so wird das wohl eher nach dem Parteitag geschehen, auf dem neue Richtlinien ausgearbeitet werden sollen. Es ist nicht Tatsache, dass alles bereits abgestimmt ist, dass alles klar ist, wie China nach dem Parteitag weiterleben wird. Es ist bekannt, dass in der chinesischen Führung keine geringen Widersprüche existieren.“
Die Diskussion dreht sich auch darum, wie die Taktik in den Beziehungen zu den Nachbarn aufzubauen sei. Denn selbst die Lage Chinas als „älterer Bruder“ der KVDR wird die Pragmatiker in der Parteiführung wohl kaum zufriedenstellen. Gerade dank ihrer Bemühungen hat China in den letzten Jahren seine Beziehungen zu den nächsten Freunden und Partner auf marktwirtschaftliche Bahnen überführt. Nordkorea bildet diesbezüglich vorerst eine Ausnahme. Aber es ist offensichtlich, dass gegenseitig vorteilhafte Wirtschaftsbeziehungen so nicht aufgebaut sein können. Demnach könnte Kim Jong Un vorgeschlagen werden, das Modell der Zusammenarbeit zu reformieren.
Die Lage des „älteren Bruders“ wird auch deshalb immer mehr verletzbar, weil es Peking nicht gelingt, Pjöngjang zu überzeugen, seine Politik in der Nuklear-Sphäre zu revidieren. Und das wirft auch einen Schatten auf das internationale Ansehen Chinas. Insbesondere weckt das ständige Vorwürfe seitens der USA, dass China nicht aktiv genug auf seinen Satelliten Einfluss nehme. Ist Peking zu mehr radikalen Schritten bereit? Klarheit in dieser Frage wird es offenbar erst nach dem 18. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas geben.
(
http://german.ruvr.ru/2012_10_05/90333739/ )